Mit einer aktuellen Entscheidung (Urteil v. 19.01.2022, Az.: 7 U 3250/22) hat das OLG München abermals klargestellt, dass für den zwangsweisen Ausschluss eines Gesellschafters aus einer Gesellschaft des bürgerlichen Rechts (GbR) nicht dieselben Instrumentarien zur Verfügung stehen, wie für den Ausschluss des Gesellschafters einer Personenhandelsgesellschaft (OHG oder KG).

Für letztere sieht das Gesetz in § 140 HGB vor, dass von den übrigen Gesellschaftern eine Ausschlussklage gegen den auszuschließenden Gesellschafter erhoben werden kann, soweit der Gesellschaftsvertrag keine dazu abweichenden Vorgaben enthält. Für die GbR hingegen gilt die Regelung des § 140 HGB nicht. Der betroffene Gesellschafter kann hier nur durch Beschluss und dessen Bekanntgabe nach Maßgabe des § 737 BGB aus der Gesellschaft auszuschlossen werden. Dabei hat der Senat betont, dass eine entsprechende Anwendung des § 140 HGB bei einer GbR nicht in Betracht komme.

Die Entscheidung steht insoweit im Einklang mit der als gefestigt anzusehenden allgemeinen Rechtsauffassung. Die Krux bei dem zu entscheidenden Sachverhalt lag allerdings in dem Umstand, dass zwischen den Parteien im Streit stand, wie die zwischen ihnen bestehende Gesellschaft überhaupt rechtlich einzustufen war, mithin ob es sich bei der betroffenen Gesellschaft um eine GbR oder eine OHG handelte.

Geschäftsgegenstand der Gesellschaft war die Vermietung einer Eventlocation. Einen schriftlichen Gesellschaftsvertrag hatten die Gesellschafter nicht abgeschlossen; eine Eintragung der Gesellschaft in das Handelsregister war nicht erfolgt. Nachdem die Eintragung einer OHG im Handelsregister jedoch nur deklaratorisch wirkt, also nicht Entstehungsvoraussetzung einer OHG ist, hatte das Gericht anhand von Indizien zu bewerten, ob es sich bei der Gesellschaft (noch) um eine GbR oder schon um eine OHG handelt, deren Zweck auf den Betrieb eines Handelsgewerbes gerichtet war.

Die erforderliche Abgrenzung von GbR einerseits und OHG andererseits wurde vom Gericht anhand der Kriterien Beschäftigtenzahl, Tätigkeitsart, Umsatz, Anlagekapital, Betriebskapital, Leistungsvielfalt, Zahl der Geschäftsbeziehungen, Kreditaufnahme und Verbindlichkeiten vorgenommen. Im konkreten Fall gelangte das Gericht zum Ergebnis, dass es sich bei der Gesellschaft noch um eine GbR handelte, was zur Konsequenz hatte, dass die Ausschlussklage – eine solche ist eben nur bei einer OHG möglich – zweitinstanzlich keine Aussicht auf Erfolg haben konnte.

Praxishinweis: Anhand des Urteils wird die Bedeutung einer exakten Abgrenzung zwischen einer GbR und einer OHG auch im Falle von Gesellschafterstreitigkeiten deutlich. Ein sehr wesentliches Kriterium bleibt der Jahresumsatz, wobei man wohl ab einem Umsatz in Höhe von EUR 250.000,00 in der Regel von einer OHG ausgehen kann, selbst wenn diese nicht im Handelsregister eingetragen ist. Generell ist ein schriftlicher Gesellschaftsvertrag zu empfehlen, der auch schon potentielle spätere Gesellschafterkonflikte berücksichtigt und für solche bereits Lösungsansätze (wie z.B. auch Ausschlussmechanismen, Schlichtungsabreden etc.) bereithält.

 

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Stand: 24.05.2022

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Dr. Alexander Frank| Rechtsanwalt, Fachanwalt für Steuerrecht

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