Nach dem in Art. 3 Grundgesetz (GG) verfassungsrechtlich verankerten Gleichbehandlungsgrundsatz – der sich als sog. Abwehrrecht primär gegen staatliche Maßnahmen richtet – ist es untersagt, grundlos Gleiches ungleich oder Ungleiches gleich zu behandeln.

Dieser Rechtsgedanke findet entsprechend aber auch in Konstellationen Anwendung, in denen staatliche Stellen nicht beteiligt sind – im Bereich des Arbeitsrechts hat die Rechtsprechung hierzu den sog. arbeitsrechtlichen Gleichbehandlungsgrundsatz entwickelt. Er gebietet dem Arbeitgeber, seine Arbeitnehmer oder Gruppen von Arbeitnehmern, die sich in vergleichbarer Lage befinden, bei Anwendung einer selbst gesetzten Regel gleichzubehandeln. Eine willkürliche Schlechterstellung einzelner Arbeitnehmer ist also verboten, was – trotz des Vorrangs der Vertragsfreiheit – auch bei der Gehaltszahlung gilt, wenn diese durch eine betriebliche Entscheidung generell angehoben wird oder der Arbeitgeber die Leistung nach einem erkennbaren und generalisierenden Prinzip gewährt, indem er Voraussetzung und Zwecke festlegt.

Dies entschied jüngst das Bundesarbeitsgericht (BAG) und bestätigte damit seine – sich über die letzten zwei Jahrzehnte verfestigte – Rechtsprechung (BAG vom 12.10.2022 – Az.: 5 AZR 135/22). Hintergrund der Entscheidung war die Klage eines Arbeitnehmers, der in den Personalstammdaten seiner Arbeitgeberin als leitende Führungskraft geführt wurde. Wohl durch den Flurfunk hatte er erfahren, dass im Gegensatz zu ihm 13 seiner Kollegen, allesamt wie er leitende Führungskräfte, in den letzten Jahren eine oder mehrere Gehaltserhöhungen erhalten haben. Im Wege einer sog. Stufenklage begehrte er die Verurteilung seiner Arbeitgeberin zur Auskunftserteilung über erfolgte Gehaltserhöhung bei den übrigen leitenden Führungskräften und – nach erteilter Auskunft – Anpassung seines Gehalts in gleicher Weise.

Das BAG erläuterte zunächst die Voraussetzungen des Auskunftsanspruchs. Obwohl es für die Parteien eines Rechtsstreits keine allgemeine Pflicht zur Auskunftserteilung gebe, komme unter Umständen ein auf die Grundsätze von Treu und Glauben (§ 242 BGB) gestützter Auskunftsanspruch in Betracht, wenn (1) zwischen den Parteien eine besondere rechtliche Beziehung besteht, (2) ein (Zahlungs-)Anspruch wahrscheinlich gegeben ist, (3) der Arbeitnehmer entschuldbar in Unkenntnis über Bestehen und Umfang seiner Rechte ist, (4) die Auskunft vom Arbeitgeber unschwer gegeben werden kann und (5) dadurch die allgemeinen Beweisgrundsätze nicht unterlaufen werden. Nach dem BAG waren alle Voraussetzungen erfüllt:

Das Arbeitsverhältnis stelle die erforderliche besondere rechtliche Beziehung dar. Auch bestehe zumindest die Wahrscheinlichkeit eines Anspruchs auf Gehaltserhöhung. Zwar liege die Darlegungs- und Beweislast für einen Verstoß gegen den arbeitsrechtlichen Gleichbehandlungsgrundsatz grundsätzlich beim anspruchstellenden Arbeitnehmer. Da vom Kläger 13 gleichartige Kollegen genannt wurden, die nach seinem Kenntnisstand mehr verdienen würden als er, hätte es der Arbeitgeberin oblegen, den Behauptungen des Klägers zur Gruppenbildung substanziiert entgegenzutreten und darzulegen, wie groß der von ihr begünstigte Personenkreis ist, wie er sich zusammensetzt, wie er abgegrenzt ist und warum der Kläger nicht dazugehöre. Dies habe die Arbeitgeberin nicht getan. Schließlich sei der Kläger auch in einer entschuldbaren Ungewissheit über Bestehen und Umfang seiner Rechte, weil er keine genaue Kenntnis von den gewährten Gehaltssteigerungen hatte und haben konnte.

Der Rechtsstreit wurde vom BAG an die Vorinstanz zurückverwiesen. Im dort fortgesetzten Verfahren wird es entscheidend sein, dass die Arbeitgeberin nachvollziehbar darlegen kann, dass kein Verstoß gegen den Gleichbehandlungsgrundsatz vorliegt und der Kläger bei den Gehaltserhöhungen zu Recht unberücksichtigt blieb.

 

Praxishinweis:

Da der Arbeitnehmer in einem etwaigen gerichtlichen Verfahren (zunächst) nur darlegen muss, dass sein Arbeitgeber eine Gruppe von Arbeitnehmern ihm gegenüber bevorzugt, es dann aber Sache des Arbeitgebers ist, die Behauptung einer möglicherweise unzulässigen Ungleichbehandlung zu entkräften, empfehlen wir, die Gründe für die unterschiedliche Behandlung und damit die Kriterien für die vorgenommene Gruppenbildung genau zu dokumentieren.

Bei Fragen zum Thema sprechen Sie uns gerne an.

Stand: 09.03.2023

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Tobias Schwartz | Rechtsanwalt, Fachanwalt für Arbeitsrecht u. Handels- u. Gesellschaftsrecht

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Matthias Wißmach | Rechtsanwalt

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