Grundsätzlich gilt, dass ein Arbeitgeber, der nach Ausspruch einer unwirksamen Kündigung die Arbeitsleistung des Beschäftigten nicht weiter in Anspruch nimmt, in Annahmeverzug gerät und der Beschäftigte die vereinbarte Vergütung verlangen kann, ohne zur Nacharbeit verpflichtet zu sein.
Zwar muss sich der Beschäftigte dasjenige anrechnen lassen, was er in diesem Zeitraum erspart oder durch anderweitige Verwendung seiner Arbeitskraft erwirbt oder böswillig nicht erwirbt. In der Praxis wurden von der Rechtsprechung daran aber keine allzu hohen Anforderungen gestellt (teils wurde die Arbeitslosmeldung als ausreichende Bemühung um einen neuen Job angesehen), was zur Folge hatte, dass der gekündigte Arbeitnehmer den Kündigungsrechtsstreit regelmäßig vom Sofa aus verfolgen und – nachdem die Unwirksamkeit der Kündigung gerichtlich festgestellt wurde – er den Arbeitgeber auf Zahlung von Annahmeverzugslohn in Anspruch nehmen konnte. Insbesondere komplizierte Kündigungssachverhalte gingen daher mit enormen finanziellen Risiken für den kündigenden Arbeitgeber einher.
Diese eher laxe Handhabung wurde seitens der Arbeitsgerichte in jüngster Zeit aber zunehmend aufgegeben. Dieser Tendenz folgte jüngst auch das Landesarbeitsgericht (LAG) Berlin-Brandenburg in einem vielbeachteten und mittlerweile rechtskräftigen Urteil vom 30.09.2022 (Az.: 6 Sa 280/22):
Danach kann es einen Arbeitnehmer den Anspruch auf Annahmeverzugslohn kosten, wenn er während des Annahmeverzugs seines Arbeitgebers – wenn überhaupt – nur unzulängliche Bemühungen um einen neuen Arbeitsplatz entfaltet.
In dem zugrundeliegenden Sachverhalt verlangte der klagende Beschäftigte unter dem Gesichtspunkt des Annahmeverzugs die Lohnzahlung für beinahe vier (!) Jahre. Das LAG wies die Klage dahingehend jedoch mit der Begründung ab, dass der Kläger sich zwar arbeitslos gemeldet habe, aber weder darüber Auskunft erteilte, wie er auf die Vermittlungsvorschläge der Agentur für Arbeit und des Jobcenters reagiert hat, noch den Nachweis anderweitiger Bemühungen erbrachte. Zu diesen Auskünften sei er jedoch verpflichtet, da es dem Arbeitgeber nur auf diese Weise ermöglicht werde, Indizien für die Zumutbarkeit der Arbeit und eine mögliche Böswilligkeit des Unterlassens anderweitigen Erwerbs vorzutragen. Der Kläger habe im Hinblick auf mögliche und zumutbare Erwerbsmöglichkeiten – so das LAG – nicht substantiiert vorgetragen, weshalb es nicht zu einem Vertragsschluss gekommen ist bzw. ein solcher unzumutbar war. Der Anspruch auf Annahmeverzugslohn sei deshalb wegen böswilligen Unterlassens der Erzielung anderweitigen Verdienstes ausgeschlossen.
Fazit:
Ein aus Arbeitgebersicht hocherfreuliches Urteil, da das finanzielle Risiko sich durch die Erwerbsobliegenheit des Gekündigten (insbesondere bei der derzeitigen Arbeitsmarktlage) reduziert. Dagegen steigen die Anforderungen an den Vortrag des Arbeitnehmers, der darlegen und ggf. beweisen muss, ob und inwieweit er sich um eine neue Beschäftigung bemüht hat und wie er mit etwaigen Jobangeboten umgegangen ist bzw. warum ihm die angebotene Arbeit unzumutbar gewesen sein soll.
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Stand: 03.02.2023
Tobias Schwartz | Rechtsanwalt, Fachanwalt für Arbeitsrecht u. Handels- u. Gesellschaftsrecht
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